Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) als Chance

 

 

Alle Maßnahmen, die zum Erhalt und zur Förderung der Gesundheit zählen, werden im Betrieblichen Gesundheitsmanagement koordiniert. Gesundheitsbezogene Daten und Aktivitäten werden hier zusammengeführt. Dazu zählen der Arbeitsschutz, das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) und die Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2018). Es beschäftigt sich mit den betrieblichen Rahmenbedingungen, Strukturen und Prozessen im Hinblick auf die gesundheitsfördernde Gestaltung von Arbeit und damit der Befähigung zu gesundheitsförderndem Verhalten der Beschäftigten. Das BGM ist eine koordinierende Einheit, die Schlüsselpersonen aus dem Unternehmen zusammenbringt und nötige Daten und Informationen für eine reibungslose Ausführung von Maßnahmen bereitstellt. 

 

Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)

 

Insbesondere ist hier die Verhaltens- und Verhältnisprävention zusammenfasst, welche die Minimierung von Belastung durch die Arbeit ins Auge fasst. Besonders die Stärkung des Gesundheitsbewusstseins und der Selbstbestimmung stehen hierbei im Mittelpunkt. Verhaltensorientierte Angebote zu Ernährung, Bewegung, Stressverminderung und Stressbewältigung zählen zu den Kernaufgaben der Betrieblichen Gesundheitsförderung. Sie ist damit fester Bestandteil des Betrieblichen Gesundheitsmanagements. Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) verbindet den Arbeitsschutz mit dem klassischen Gesundheitsschutz. Es bildet den Rahmen für die betriebliche Gesundheitsförderung und unterstützt das Betriebliche Eingliederungsmanagement. So steht alles miteinander in Verbindung und beeinflusst sich maßgeblich in ihrem Erfolg.

 

Der demographische Wandel macht sich gerade in den Unternehmen bemerkbar, denn schließlich ist Deutschland eines der Länder mit einer erhöhten Altersstruktur (Statistisches Bundesamt). Demnach ist es auch heute schon wichtig, älteren Menschen die Möglichkeit zu geben sich während der Arbeit fit und gesund zu halten und auch junge Menschen mit neuen Maßnahmen zu begeistern. Den negativen Auswirkungen des Wandels kann entgegengewirkt werden. 22 Prozent der befragten Unternehmen aus dem BARMER GEK Firmenkundenmonitors 2016 sprachen sich für spezielle Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagement für junge Menschen aus, allerdings finden nur wenige Themen aus dem Bereich Ausbildung und Gesundheit ihre Anwendung. 

 

Betriebliches Gesundheitsmanagement ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor, wenn es um Personalkosten geht. Wieso? Weil Personalkosten nicht nur Löhne, Gehälter, vermögenswirksame Leistungen oder betriebliche Altersvorsorge beinhalten, sondern auch die Lohnfortzahlung bei Krankheit. Wertvolle Ressourcen, nämlich die Gesundheit der Mitarbeiter, werden gemindert und verursachen dabei eine Schwächung der Produktivität. Durch den demographischen Wandel und dem daraus resultierenden hohen Durchschnittsalter steigt auch die Bedeutung dieses Aspekts.  Die Techniker Krankenkasse schildert in ihrem Gesundheitsreport 2018, dass eine Arbeitsunfähigkeit in 2017 im Schnitt 15,1 Fehltage je Versichertenjahr gedauert hat. Die AOK veröffentlichte erst im März 2019 die Ergebnisse einer Studie zu den Fehlzeiten. Darin waren im Schnitt 19,5 Fehltage durch Krankheit bei den knapp 14 Millionen AOK-Versicherten enthalten. 

 

Besonders dieser finanzielle Aspekt bringt mehr und mehr Unternehmer dazu, etwas für ihre Mitarbeiter anzubieten. Das Betriebliche Gesundheitsmanagement ist die Gestaltung, Lenkung und Organisation betrieblicher Strukturen und Prozesse, um Arbeit und Verhalten am Arbeitsplatz gesundheitsförderlich zu machen. Im besten Fall führt dies zu einer Win-win-Situation. Der Arbeitgeber fördert die Gesundheit seiner Mitarbeiter und damit die Produktivität seines Unternehmens. Der Mitarbeiter wiederum kann in einem optimierten Umfeld mit dem Vorteil von Zusatzleistungen arbeiten. 

 

 

Laut dem Präventionsgesetz § 20 und dem Leitfaden Prävention der GKV können Kurse und Konzepte, die den Qualitätsmerkmalen entsprechen, von einer gesetzlichen Krankenkasse gefördert werden und garantieren dem Unternehmer steuerliche Vorteile. 

 

Dazu kommt, dass die gesetzlichen Krankenkassen den Auftrag erhielten, in Kooperation untereinander und mit Experten aus dem Dienstleistungsbereich klein- und mittelständische Unternehmen bei der Implementierung eines BGMs beratend und auch finanziell zu unterstützen. Dazu werden vier Handlungsfelder beschrieben: Bewegung, Stressmanagement, Ernährung und Suchtmittelkonsum (Tab.1). Zu den Angeboten zählen Präventionskurse, aber auch Kommunikationstechnologie (IKT)-basierte Selbstlernprogramme beispielsweise per App.  Seit 1. Januar 2008 kann ein Arbeitgeber 500 Euro pro Mitarbeiter und Jahr lohnsteuerfrei in die Gesundheit der Mitarbeiter investieren, wenn sie den genannten Kriterien entspricht.  Dieser Vorteil soll in dem kommenden Jahr um 100 Euro erhöht werden.

 

Welche Dienstleister können gefördert werden? 

Zuerst einmal ist wichtig, dass nur zertifizierte Anbieter dem Unternehmen einen steuerlichen Vorteil bringen können. Anbieter, die nicht nach der Zentralen Prüfstelle der Prävention (ZPP) zertifiziert sind, können nicht von einer Gesetzlichen Krankenkasse gefördert werden. Die Qualifikationen und auch die Darstellung der Kursinhalte sind dabei von großer Bedeutung und werden im Leitfaden der GKV festgelegt. Ein Kursleiter muss bislang zwingend einen Studienabschluss oder eine spezielle Ausbildung haben, dies gilt nicht für fernöstliche Angebot wie Yoga. Hier einmal eine beispielhafte Schilderung: 

 

 

 

Ein Sportwissenschaftler kann mit der Zusatzqualifikation eines Nordic Walking Instructor einen Kurs für ein Herz-Kreislauftraining anbieten. Dieser Kurs muss ein festgelegtes Ende haben, beispielsweise acht Einheiten in acht Wochen. Auf der Homepage der ZPP kann jeder Anbieter einen Account einrichten und zu Beginn einen Kursleiter mit den benötigten Qualifikationen anlegen. Ist dies geschehen, kann dem Kursleiter ein Kurs zugeordnet werden. Dieser Kurs muss genauestens beschrieben werden, damit ein Prüfer, die Inhalte nachvollziehen und bewerten kann. Dazu zählen: Kursname, -beschreibung, Dauer, Laufzeit, Zielgruppenbeschreibung und Intention. Zudem muss jede Kursstunde genauestens in einem Verlaufsplan beschrieben und Teilnehmerhandouts erstellt werden. Sind die Eintragungen ausreichend wird die ZPP den Kurs innerhalb von zehn Tagen freischalten. Sind die Anforderungen nicht gegeben, hat der Anbieter nochmals einige Tage Zeit gewünschte Änderungen zu leisten oder fehlende Dokumente nachzureichen. Für jeden Kurs erhält der Kursleiter dann eine Zertifizierung, die drei Jahre gültig ist. Die Vorteile der ZPP als prüfende Instanz sind eindeutig: 

  • Keine Doppelprüfungen mehr, d. h. ein einziger Prüfvorgang pro Kurs mit Gültigkeit für alle beteiligten Krankenkassen. 
  • Eine gemeinsame Kursdatenbank, auf die alle beteiligten Krankenkassen zugreifen können, erhöht die Transparenz. 
  • Einheitliche Prüfergebnisse, die von allen beteiligten Krankenkassen grundsätzlich anerkannt werden. 

Was ändert sich 2020?

 

Bislang waren die Hürden zur Zertifizierung zwar nicht unüberwindbar aber ein kleiner Kraftakt für jeden Anbieter. Im Oktober 2020 soll sich der Leitfaden des GKV Spitzenverbandes ändern. 

 

Creditpoints. 

 

Statt der bisherigen Aufzählung geeigneter Berufs- und Studienabschlüsse werden künftig auch inhaltliche und quantitative – in Stunden bzw. „Creditpoints“ (ECTS) ausgedrückte –Mindeststandards aus einem abgeschlossenen Studium zur Qualifikation reichen. Das hat besonders für Quereinsteiger Vorteile.

 

Herausforderungen.

 

Die Anforderungen an die Anbieter von Präventionsangeboten sind mit dem neuen Präventionsleitfaden allerdings deutlich angestiegen.

Es kommt eine Bestandsschutz dazu. Beispielsweise können Ergotherapeuten eine Anerkennung der Qualifikation im Handlungsfeld “Bewegungsgewohnheiten” ab dem 01.10.2020 nicht mehr neu erlangen. Für Kursleiter mit bereits bestehenden und anerkannten Kursangebote, die über den 30.09.2020 hinaus gültig sind, gibt es allerdings einen Bestandschutz. Dieser regelt, dass bei einer anschließenden (Re-)Zertifizierung der Anbieter eine dauerhafte Anerkennung seiner Qualifikation für das entsprechende Präventionsprinzip erhält.

Die Anerkennung der Anbieter-Qualifikation in einem Präventionsprinzip findet ab dem 01.10.2020 nur noch ein Mal statt. Die Kurse und Konzepte müssen alle 3 Jahre rezertifiziert werden.

 

Empfehlungen

 

Wenn Sie bereits Anbieter von Präventionskursen sind:

Stellen Sie sicher, dass Ihr(e) Kurs(e) über den 30.09.2020 hinaus zertifiziert ist/sind. Damit erhalten Sie anschließend bei der nächsten (Re-)Zertifizierung eine dauerhafte Anerkennung Ihrer Qualifikation für das entsprechende Präventionsprinzip.

 

Wenn Sie noch keine Präventionsangebote haben anerkennen lassen:

Nutzen Sie diese zusätzlichen Einnahme-Möglichkeiten, welche gleichzeitig die Bekanntheit unter anderem durch die Veröffentlichung auf den Seiten der Krankenkassen erhöht.

 

Lassen Sie noch bis zum 30.09.2020 Ihre Kursangebote zertifizieren, um die dauerhafte Anerkennung Ihrer Qualifikation für das entsprechende Präventionsprinzip zu sichern, da die Anforderung nach dem 01.10.2020 in vielen Bereichen steigen.

 

 

Quellen: 

Dr. Tobias Stephan Kaeding (Hrsg.), Sintje Mayländer, Maria Walden: Die vitale Firma So bringen Sie Ihre Mitarbeiter in Bewegung, 1. Auflage 2019

Leitfaden GKV Spitzenverband 

Homepage der ZPP - Zentrale Prüfstelle Prävention

BARMER Firmenmonitoring 2016

TK- Fmhlzeitenreport 2017 

AOK Fehlzeitenreport 2018

 

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0